Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus markiert nicht nur ein Comeback des wirtschaftlichen Nationalismus, sondern auch eine Eskalation eines Handelskriegs, der längst nicht mehr nur ökonomische Grenzen sprengt. Die Instrumentalisierung von Zöllen als politisches Druckmittel trifft nicht nur europäische Partner ins Mark, sondern zerstört globale Lieferketten, lähmt den Klimaschutz und bringt die internationale Sicherheit an den Rand des Kollaps.
Ein Handelskrieg mit globalen Kollateralschäden
Seit Anfang 2025 eskaliert die Trump-Administration ihren Handelskrieg mit einer Welle massiver Zollerhöhungen – nicht nur gegen China, sondern auch gegen die wichtigsten europäischen Partner. Das Ergebnis ist dramatisch: Lieferketten brechen auseinander, Exporteure und Produzenten stehen vor immensen Herausforderungen, und die Weltwirtschaft ächzt unter wachsender Unsicherheit.
Die OECD hat bereits ihre Wachstumsprognosen für die G20 von 3,4 auf 2,9 Prozent gekürzt und warnt vor einem weltweiten Wachstumseinbruch. Die weltweiten Handelsvolumina schrumpfen, Investitionen werden zurückgehalten – ein Pulverfass für eine globale Wirtschaftskrise (OECD Economic Outlook, June 2025).

Was in Washington als „America First“ verkauft wird, ist in Wahrheit ein „America Alone“-Szenario, das das regelbasierte Welthandelssystem zerstört. Andrew Bailey, Gouverneur der Bank of England, spricht von einer „Sprengung“ der globalen Ordnung, die Jahrzehnte aufgebaut wurde (The Guardian, Juni 2025).
Klimaschutz als Kollateralschaden des Zollkriegs
Der globale Klimaschutz leidet massiv unter der Eskalation protektionistischer Wirtschaftspolitik. Was sich zunächst wie ein rein wirtschaftlicher Konflikt zwischen Großmächten darstellt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als existenzielle Bedrohung für die ökologische Transformation.
Zölle und Handelsbarrieren verteuern nicht nur Produkte, sondern blockieren die dringend notwendige technologische Zusammenarbeit über Grenzen hinweg. Der Zugang zu strategischen Rohstoffen wie seltenen Erden, Lithium, Kobalt oder Nickel wird erschwert – allesamt zentrale Bestandteile für die Produktion von Batterien, Windrädern und Solarmodulen. Im Mai 2025 warnte der europäische Photovoltaik-Verband SolarPower Europe, dass der von den USA ausgehende Handelskrieg die globale Energiewende erheblich gefährden könnte. In ihrem Bericht „Global Market Outlook for Solar Power 2025–2029“ prognostizierten sie einen globalen Zubau von 655 Gigawatt an Photovoltaik-Leistung für das Jahr 2025, mit einem möglichen Anstieg auf 774 Gigawatt. Diese optimistische Prognose sei jedoch nur erreichbar, wenn der Handelskonflikt nicht weiter eskaliere. Patrick Lemcke-Braselmann, Co-CEO der aream Group SE, betonte: „Die Prognosen zeigen das Risiko, das die US-Zollpolitik für den Klimaschutz und die globale Energiewende darstellen“
Die Vereinigten Staaten haben Anfang 2025 Strafzölle auf den Import chinesischer Solartechnologie um weitere 40 % erhöht. Europa wiederum steht unter wachsendem Druck, Gegenzölle zu erheben, um eigene Industrien zu schützen. Doch in diesem Rüstungswettlauf um Handelsbarrieren verliert die gemeinsame Vision der globalen Energiewende an Boden. Weltweit berichten Cleantech-Unternehmen von verzögerten Großprojekten, gestrichenen Investitionen und gestörten Lieferketten. Der Handelskonflikt verwandelt sich in eine reale Bremse für die Dekarbonisierung.
Wissenschaftler und Industrieexperten warnen daher eindringlich, dass der Handelskrieg die Energiewende um Jahre zurückwerfen könnte. Die Folge: höhere Kosten für den Umstieg auf klimafreundliche Technologien, geringere Investitionsbereitschaft und ein messbar langsamerer Rückgang der CO₂-Emissionen (Sustainability Magazine, Mai 2025).
Hinzu kommt die politische Dimension: Wenn die Staaten ihre wirtschaftliche Souveränität mit Abschottung verteidigen, leidet auch die Fähigkeit zur Kooperation in globalen Klimafragen. Multilaterale Abkommen geraten ins Stocken, internationale Klimakonferenzen verlieren an Verbindlichkeit – und das in einem Jahrzehnt, das laut IPCC entscheidend dafür ist, ob das 1,5-Grad-Ziel überhaupt noch erreicht werden kann.
Klimaschutz funktioniert nicht im nationalen Alleingang. Ohne offenen Handel, grenzüberschreitende Technologiekooperation und ein stabiles geopolitisches Umfeld bleibt der Kampf gegen die Klimakrise Stückwerk. Der Zollkrieg 2025 ist daher nicht nur ein ökonomischer Irrweg – er ist auch ein Frontalangriff auf die ökologische Zukunft des Planeten.
Kürzungen bei der humanitären Hilfe – ein fatales Signal
Die wirtschaftliche Entkopplungspolitik der USA unter der aktuellen Administration bleibt nicht auf den Zollkonflikt beschränkt. Parallel dazu wurde auch die humanitäre Auslandshilfe drastisch reduziert. Im Budgetentwurf für 2026 sind die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit nahezu vollständig entfallen, während das US-Militärbudget auf knapp eine Billion US-Dollar ansteigt – ein Rekordwert in Friedenszeiten.

Laut Human Rights Watch wurden mehr als 90 % der internationalen Programme der US-Entwicklungshilfeagentur USAID eingestellt. Besonders betroffen sind Initiativen zur Bekämpfung von Hunger, zur Unterstützung von Geflüchteten sowie Projekte zur Stabilisierung fragiler Staaten (HRW, 28. Februar 2025).
Diese drastischen Kürzungen fallen nicht zufällig mit dem eskalierenden Handelskonflikt zusammen. Sie folgen einer ideologischen Linie, die Abschottung über Kooperation stellt. Doch die Folgen sind gravierend: Der Zusammenbruch humanitärer Programme gefährdet nicht nur das Überleben vieler Menschen in Krisenregionen – er destabilisiert ganze Regionen. Gesundheits- und Bildungssysteme geraten ins Wanken, neue Fluchtbewegungen entstehen, extremistische Gruppierungen gewinnen an Einfluss. Gleichzeitig haben diese Entwicklungen auch weitreichende Folgen für den globalen Klimaschutz. Denn der Übergang zu einer nachhaltigen, resilienten und klimafreundlichen Zukunft erfordert internationale Solidarität und finanzielle Unterstützung, gerade in jenen Regionen, die am stärksten unter der Klimakrise leiden.
Der Rückzug der USA aus der humanitären Verantwortung stellt damit nicht nur ein moralisches Versagen dar – er ist eine sicherheitspolitische Hypothek für die gesamte Weltgemeinschaft.
Europas Zwickmühle im Zollkrieg
Der eskalierende Zollkrieg der USA trifft Europas exportorientierte Wirtschaften besonders hart. Länder wie Deutschland, Österreich und Frankreich sehen sich immer höheren Handelsbarrieren ausgesetzt, die ihre Wettbewerbsfähigkeit schwächen und den Zugang zu wichtigen Märkten erschweren. Gerade Schlüsselindustrien – von der Automobil- über die Batterieproduktion bis hin zu Zukunftstechnologien wie Wasserstoff und Künstlicher Intelligenz – geraten zunehmend unter Druck (Reuters, Mai 2025).
Diese Entwicklungen zwingen Europa in eine gefährliche Zwickmühle: Ohne eine einheitliche und starke Strategie droht die Abhängigkeit von den USA weiter zuzunehmen, was die geopolitische Handlungsfähigkeit des Kontinents erheblich einschränkt. Die Abhängigkeit von US-Lieferketten und Technologiestandards bringt Risiken mit sich, die gerade in einer Zeit wachsender globaler Unsicherheiten nicht unterschätzt werden dürfen.
Die Kombination aus wirtschaftlicher Eskalation, zunehmenden Handelsbarrieren und einem stark aufgerüsteten Militärhaushalt zeigt eine Verschiebung der globalen Prioritäten von Kooperation zu Konfrontation. Das gefährdet nicht nur den Frieden, sondern auch die Grundlage gemeinsamer Anstrengungen in Bereichen wie Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung. Wirtschaftliche Spannungen können sich rasch zu politischen Konflikten auswachsen, was gerade in einer multipolaren Weltordnung eine ernste Bedrohung für die globale Sicherheit darstellt (ING Think, Juni 2025).
Ein Aufruf zur internationalen Zusammenarbeit
Die Krise ist kein Zufall – sie ist das Ergebnis einer bewusst destruktiven Politik, die kurzfristige nationale Interessen über das Gemeinwohl stellt. Doch gerade jetzt, in Zeiten existenzieller globaler Herausforderungen, brauchen wir mehr denn je internationale Kooperation. Nur wenn die Weltgemeinschaft Handelspolitik von innenpolitischem Kalkül entkoppelt und gemeinsam an den großen Fragen wie Klimaschutz, nachhaltiger Entwicklung und Frieden arbeitet, können wir die Krise überwinden. Der Zollkrieg ist kein isoliertes Ereignis, sondern Symptom einer Politik, die auf Spaltung statt Zusammenarbeit setzt. Doch angesichts der drängenden Herausforderungen unserer Zeit – von der Klimakrise bis zur globalen Instabilität – liegt die Lösung nicht in Abschottung, sondern in echter internationaler Solidarität. Zukunft entsteht dort, wo Kooperation den Nationalismus ersetzt.
Entdecke mehr von David Steiner - SPÖ
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.